Gemeinsamer Appell an die Fachkräfte

Verantwortliches Handeln in der vierten Welle

Die vierte Welle rollt. Die Infektionszahlen schießen in die Höhe, auch die „neuen“ Indikatorwerte steigen rasch: neben der so genannten „Hospitaliserungsrate“ vor allem die Zahl der durch Corona-Patienten belegten Intensivbetten. Seit vergangener Woche ist für ganz Baden-Württemberg die Warnstufe ausgerufen.


AGJF Baden-Württemberg

Gemeindetag Baden-Württemberg
Kommunalverband für Jugend und Soziales – Landesjugendamt
Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Baden-Württemberg
Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit/Streetwork Baden-Württemberg
Landesjugendring Baden-Württemberg
Landkreistag Baden-Württemberg
Netzwerk Schulsozialarbeit Baden-Württemberg
Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg
Städtetag Baden-Württemberg


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die vierte Welle rollt. Die Infektionszahlen schießen in die Höhe, auch die „neuen“ Indikatorwerte steigen rasch: neben der so genannten „Hospitaliserungsrate“ vor allem die Zahl der durch Corona-Patienten belegten Intensivbetten. Seit vergangener Woche ist für ganz Baden-Württemberg die Warnstufe ausgerufen.

Und dennoch ist die Situation eine grundlegend andere als im vergangenen Herbst. Da ist natürlich die Tatsache, dass inzwischen wirksame und sichere Impfstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Für die Rückkehr zu einem Leben ohne Beschränkungen ist es von großer Bedeutung, dass sich möglichst viele Menschen gemäß der Empfehlungen der StIKo impfen lassen. Aber nicht nur: es ist inzwischen klar geworden, welch großen, wichtigen Beitrag Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zur Bekämpfung der Pandemie geleistet haben. Sie haben in der übergroßen Mehrheit auf Alltags- und Lebensvollzüge verzichtet, die gerade für ihre Altersspanne eine besondere, wichtige Bedeutung haben. Das ist eine Leistung, die auch an dieser Stelle nochmals ausdrücklich gewürdigt werden soll!

Das hat derzeit sehr konkrete, praktische Auswirkungen: Während in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens eine Teilhabe für Ungeimpfte und Nichtgenesene nur durch Nachweise von negativen PCR-Testungen möglich ist, bleibt es in der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit weiterhin bei den Antigen-Schnelltests. Ein PCR-Test ist nicht notwendig, um an den Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit bzw. der Jugendsozialarbeit teilzunehmen. Die aktuelle Corona-Verordnung KJA/JSA sieht keinerlei weitere Einschränkungen für die Basis- und die Warnstufe vor und dies soll auch möglichst lange so beibehalten werden. In der Alarmstufe wird als zusätzliche Infektionsschutzmaßnahme, wie dies bereits für die Schulen in Baden-Württemberg vorgesehen ist, bei Angeboten für genesene, geimpfte und getestete Personen mit Übernachtung im eigenen Haushalt eine Maskenpflicht in Innenräumen eingeführt werden.

Gleichzeitig wird die Möglichkeit, Angebote ohne 3G-Regel in der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit durchzuführen, weiterhin bestehen bleiben. Das ist auch Ausdruck der Tatsache, dass diese Angebote zentrale Bedeutung bei der Bekämpfung der Pandemiefolgen für Kinder und Jugendliche haben. Diese Angebote bieten die Möglichkeit, mit allen Kindern und Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, Begegnungen zu organisieren, die sonst nicht möglich wären, sich um Sorgen und Nöte zu kümmern – auch der Kinder und Jugendlichen, mit denen sonst niemand mehr redet.

Das bedeutet aber nicht, dass die Pandemie für Kinder und Jugendliche vorbei ist. Klar ist: Sie sind nicht die Pandemietreiber, obwohl auch bei ihnen die Neuinfektionen steigen. Sie sind aber auch diejenigen, die bislang – unter 12 Jahren – noch keine Möglichkeit haben, sich impfen zu lassen oder – ab 12 Jahren – nur ein kleines Zeitfenster hatten, sich zu immunisieren. Sie haben nur in seltenen Ausnahmefällen schwere Krankheitsverläufe. Dennoch sind sie von der Situation weiter betroffen, müssen Regeln befolgen und sich und andere schützen.

Das bedeutet für die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit weiterhin und in der jetzigen Situation nochmal in besonderem Maße Verantwortung zu übernehmen. Die Corona-VO KJA/JSA macht bis auf die Maskenpflicht in der Alarmstufe keine weiteren Vorgaben oder Einschränkungen.

Das bedeutet: die Fachkräfte können gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen in einem ersten Schritt überlegen, ob es sinnvoll ist, in der jeweils aktuellen Situation vor Ort Maßnahmen, die über die Corona-VO hinausgehen, zu treffen. In einem zweiten Schritt können sie gemeinsam überlegen, welche Maßnahmen dies sein könnten. Diese Maßnahmen sollten mit dem Ziel ausgestaltet werden, weiterhin allen Kindern und Jugendlichen den Zugang zu den Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit zu ermöglichen.

Kinder und Jugendlichen werden so selbst handlungsfähig und können den Prozess vor Ort aktiv mit steuern. Sie können und sollen selbst gemeinsam mit den Fachkräften überlegen und entscheiden, welche Maßnahmen gut und richtig für die Einrichtung, das jeweilige Angebot, für die Gruppenstunde etc. ist. Wir haben viel zu lange auf die Ideen und Anregungen von Kindern und Jugendlichen verzichtet. Nun ist die Gelegenheit dazu vorhanden.

Deshalb appellieren wir an alle Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit: Gehen Sie mit den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen aktiv ins Gespräch, wie Sie gemeinsam in den Angeboten, in den Einrichtungen, den Gruppenstunden, Öffnungszeiten, Freizeiten, Out- und Indooraktivitäten auf die vierte Welle reagieren möchten:

  • Wollen wir uns mit weiteren Maßnahmen schützen? Wenn ja, mit welchen?
  • Welche Ideen haben die Besucher und Besucherinnen?
  • Welche Erfahrungen bringen sie mit?
  • Was wollen sie auf keinen Fall mehr erleben?
  • Wo sehen sie für sich Möglichkeiten?

Das öffnet nicht nur Gesprächsfenster für kinder- und jugendgerechte, angemessene Maßnahmen und Regeln, sondern auch für die Sorgen und Anliegen, die für Kinder und Jugendliche im beginnenden, zweiten „Corona-Herbst“ wichtig sind. Es ermöglicht Gespräche über Erfahrungen und Bedarfe, die sie haben.

Es öffnet auch die Möglichkeit vernünftig und informiert über das Thema Impfung zu sprechen. Gerade bei diesem Thema sind nach wie vor zahlreiche Falschinformationen unterwegs, insbesondere in den so genannten „sozialen Medien“ – wie die Diskussion um die „Langzeitfolgen“ der Impfung aktuell zeigt.

Seriöse Informationen zur Impfung finden sich bei Dranbleiben BW: https://www.dranbleiben-bw.de/kinderundjugendliche
und bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: https://www.infektionsschutz.de/coronavirus/schutzimpfung/impfung-bei-kindern-und-jugendlichen/.

Nutzen wir gemeinsam die Möglichkeiten, die uns eine weit gefasste Corona-Verordnung KJA/JSA bietet, um mit den Kindern und Jugendlichen gemeinsam gut durch den Herbst und den Winter zu kommen!

Bei Fragen und Anregungen stehen die mitzeichnenden Institutionen und Verbände jederzeit gerne zur Verfügung!

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211109_Gemeinsamer-Appell-Corona.pdf (98,3 KiB)