Impuls: Die „Jugend“ nicht als Präventionsobjekt sehen!

Engagement für Demokratie stärken: Wie gesellschaftliche Themen in der Jugendarbeit aufgreifen? Ein Kommentar.

In vielen verschiedenen Kontexten, beim Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit, bei der Langen Nacht der Demokratie in Freiburg und bei der Ringtagung sind mir in den letzten Wochen Fachkräfte und junge Engagierte begegnet, die sich mit dem Thema Demokratie beschäftigen. Sie fragen sich, wie sich die Gesellschaft weiterentwickelt und auch, was sie konkret tun können, um sich für eine demokratische Gesellschaft einzusetzen. In diesem etwas anderen Impuls lasse ich euch an meinen Gedanken und Gesprächen der vergangenen Wochen teilhaben und gehe zugleich der Frage nach, was wir tun können um junges Engagement und damit auch immanent verbunden die Demokratie zu fördern!

Jugendverbände und Jugendringe stehen vor der Herausforderung, junge Menschen für Demokratie zu begeistern ohne sie als ein Präventionsobjekt zu begreifen. Damit ist gemeint, junge Menschen tatsächlich für das Leben in und für die Demokratie zu begeistern. Es geht darum, Eigeninitiative und Kreativität junger Menschen für das Thema zu wecken und Demokratieförderung nicht nur reaktiv, wie beispielsweise im Anschluss an die letzten Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, aufzugreifen.

Dies kann gelingen, wenn die Interessen und Bedürfnisse der jungen Menschen selbst in den Mittelpunkt gestellt und gleichzeitig gesellschaftliche Herausforderungen angegangen werden. Eine jugendgerechte Demokratiebildung in Verbänden ist partizipativ und erlebnisorientiert. Hierfür gibt es im kleinen und großen Alltag der Verbände unendlich viele gelungene Beispiele, die aber nicht das Label Demokratiebildung und Prävention, sondern vielmehr unsere verbindenden Prinzipien, wie Freiwilligkeit, Selbstwirksamkeit und Engagement, tragen. Diese Beispiele gilt es zu würdigen und in den Mittelpunkt zu stellen. Mit ihnen können wir zeigen, dass unsere junge Zivilgesellschaft funktioniert. Dabei lässt sich gar nicht oft genug betonen, dass Jugendverbände von ihrer Genese heraus „Werkstätten der Demokratie“ sind.

Im Kleinen und im Großen müssen wir als Fachkräfte und Ehrenamtliche in der Jugendverbandsarbeit Jugendliche ermutigen, ihre Stimme zu erheben. Im Wesentlichen gilt es, Kommunal- und Landespolitik davon zu überzeugen, dass sie junge Menschen ernst nehmen und für diese Zielgruppe politische Angebote machen – und das ist mehr als „zuhören“ und „ins Gespräch gehen“. Jugendverbände und Jugendringe können als Sprachrohr fungieren und politische Forderungen gebündelt und in vielen kleinen Gesprächen an unterschiedlichsten Stellen an Entscheidungsträger*innen und Meinungsführer*innen herantragen. Sie können Positionspapiere und Beschlüsse fassen, um ihre Meinung zu verfestigen und nach außen sichtbar zu machen. Sie können Lobbyarbeit für die gute Sache machen.

Gleichzeitig braucht es eine Reaktion auf populistische Stimmen, die auch aus der Mitte der Gesellschaft kommen: Der Ruf nach mehr direkter Demokratie von populistischer Seite darf nicht unwidersprochen bleiben. Denn hier zeigt sich eine verquere Logik, dass sich gerade jene, die sich gegen demokratische Prinzipien richten, als die Retter*innen dieser darstellen, indem sie sich für die Durchsetzung der Interessen einer vermeintlich homogenen Gruppe der sogenannten „kleinen Leute“ einsetzen. Wir müssen deutlich machen, dass eine funktionierende Demokratie mehr ist als Mehrheitsentscheidungen. Es braucht Minderheitenschutz, Gewaltenteilung und eine freie Presse. Diese Werte gilt es in der Jugendarbeit erlebbar zu machen, in dem wir für Pluralität einstehen und junge Menschen mit mehr und mit weniger Privilegien teilhaben lassen und unsere Satzungen mit Leben füllen.

Um junges Engagement zu unterstützen und aktuellen und zukunftsweisenden Fragestellungen Raum zu geben, lädt „The Länd of Young Ehrenamt“ zusammen mit vielen anderen Kooperationspartner*innen vom 29. bis 30.11. zum Zukunftskongress Young Ehrenamt ein. Diese Plattform gilt es zu nutzen, um sich gegenseitig zu stärken, auszutauschen, positive jugendgerechte Perspektiven zu entwickeln und auch die Mittel und Wege zu diskutieren, diese an Entscheider*innen zu tragen.

Um eine in letzter Zeit viel zitierte Phrase zu bedienen: es geht darum, Banden zu bilden. Nur zusammen können wir in der gesamten Gesellschaft junge Menschen als eine vielfältige und gleichberechtigte Gruppe sichtbar machen, die die Aufmerksamkeit der Politik verdient. Die Herausforderungen sind groß, aber die Jugendverbandsarbeit hat das Potenzial, einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie zu leisten.

Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, denn junge Menschen sind die Gegenwart und die Zukunft einer lebendigen Demokratie!

Mehr Infoquellen zum Thema

Was mir gerade hilft mich mit dem Thema Demokratie auseinander zu setzen:

Passende Angebote des Landesjugendrings

Ihr seid auf der Suche nach niederschwelligen Methoden im Bereich Demokratiebildung? Dann schaut euch mal die neuen „Werkzeuge der Demokratie“ an – das sind Methoden, Handreichungen, Impulskarten etc. die aus den Projekten der letzten Förderphase von Wir sind dabei! Wertstätten der Demokratie entstanden sind:
https://www.ljrbw.de/wir-sind-dabei/werkzeuge-der-demokratiebildung

Ich freue mich auf eure Reaktionen auf diesen etwas anderen Impuls. Erreichen könnt ihr mich in der Regionalstelle Südbaden.