Wie Kooperationen die Jugendarbeit bereichern können
Gemeinschaft und Kooperation sind wesentliche Merkmale der Jugend(verbands)arbeit, ob als kooperativer Zusammenschluss in einem Dachverband, die interne Zusammenarbeit im Einzelverein, abteilungs- oder verbandsübergreifend, im Vorstand, zwischen Haupt- und Ehrenamt oder auch mit externen Kooperationspartnern. Doch wie sieht eine gute Kooperationspraxis aus? Inwiefern können Kooperationen den Vereins- und Verbandsalltag bereichern? Anhand von Good-Practice-Beispielen werden in diesem Beitrag die Potentiale und Vorteile (verbands-/vereinsübergreifender) Kooperation herausgestellt.
Gründe für eine Kooperation
Kooperationen lassen sich als eine Art Prozess definieren, in dem gemeinsame Ziele verfolgt werden (vgl. Van Santen u. Seckinger): Je nach Kooperationspartner und -ebene variiert die Zielsetzung und Art der Kooperation in der Jugend(verbands-)arbeit. Die teils hierarchischen und traditionell geführten Vereine und Verbände sind oftmals nicht so wandlungsfähig wie notwendig. Hinzu kommen gesellschaftliche und wirtschaftliche Zwänge: Herausforderungen wie der demografische Wandel, die Pandemie-Nachwirkungen oder die Digitalisierung stellen Vereine und Verbände unter Druck.
Kooperationen können dabei helfen, auf diese Herausforderungen zu reagieren: Sie schaffen Synergien, ermöglichen Zugänge zu neuen Zielgruppen und können Ressourcen sparen. Damit sie gelingen, braucht es klare Kommunikation über Ziele, Ressourcen und Rahmenbedingungen, feste Ansprechpersonen sowie eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. So werden Kooperationen zur Chance – und nicht zur Belastung.
Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und der Vernetzung durch interne Kooperationen
Dachverbände oder größere Mehrspartenvereine zeichnen sich durch ihre Angebots- und Mitgliedervielfalt aus. Häufig sind die jeweiligen Abteilungen und Mitgliedsorganisationen so sehr in ihrem Vereinsalltag eingespannt, dass die Verbindung zum Gesamtverein oder Dachverband kaum vorhanden ist. Dieser Umstand kann sich auch auf die Mitarbeit im Vorstand auswirken.
Um dem (präventiv) entgegen zu wirken, lohnt sich ein Blick auf bestehende Veranstaltungsformate: So kann die eigene Mitgliedsversammlung beispielsweise als Vernetzungsveranstaltung gestaltet werden, welche durch kreative Elemente fachlichen Austausch und Gemeinschaftsgefühlt fördert (mehr dazu siehe Impuls „Mitgliederversammlungen (aktivierend) gestaltend“). Weitere identitätsstiftende Maßnahmen sind abteilungsübergreifende Vereins- und Jubiläumsfeste oder gemeinsame Projekte mit den Mitgliedsorganisationen.
Der Kreisjugendring Ostalb organisiert z. B. jährlich mit seinen Mitgliedsorganisationen die „Sternfahrt“ – ein Erlebnistag mit sportlichen und kreativen Aktionen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Dieser Tag stärkt nicht nur Identität und Zusammenhalt im Verband, sondern ermöglicht auch eine abwechslungsreiche Engagementmöglichkeit. Darüber hinaus bietet der Tag Engagierten eine Bühne, ihre Projekte und Organisationen zu präsentieren, für die Öffentlichkeit sichtbar zu werden und sich untereinander zu vernetzen.
Erweiterte Wirkungsbereiche durch verbandsübergreifende Kooperation und Netzwerke
Wenn die eigenen Bedarfe und Ziele klar definiert sind, lohnt es sich auf die Suche nach geeigneten Kooperationspartnern zu gehen. Je nach Bedingungen, Themen und Zielgruppe lassen sich unterschiedliche Träger und Organisationen in der Kommune oder Region finden. Dabei muss nicht alles neu gedacht werden: Bestehende Netzwerke und Modellprojekte bieten viele Anknüpfungspunkte.
Eine niederschwellige Möglichkeit für Kooperationen besteht im Bereich der (JuLeiCa-) Qualifizierung. Gerade bei Fortbildungen zum Erhalt oder zur Verlängerung der JuLeiCa überschneiden sich viele Themen, für die verbandsübergreifende Ressourcen zusammenspielen können, z. B. der Umgang mit Social-Media, Inklusion oder Demokratiebildung.
Durch die Öffnung von eigenen und Mitbewerbung von externen Fortbildungsangeboten entstehen Synergien, zum Beispiel mit nahegelegenen Jugendringen oder den Mitgliedsvereinen. In Nordbaden haben sich fünf Jugendringe zusammengeschlossen, um ihre Fortbildungsprogramme gemeinsam abzustimmen und auf einer Plattform zu veröffentlichen.
Auch der Kreisjugendring Reutlingen hat ein JuLeiCa-Auffrischungsformat konzipiert, bei dem die Mitgliedsorganisationen ihre Angebote bündeln und an einem gemeinsamen Fortbildungstag durchführen. Solche Kooperationen erhöhen die Reichweite, sparen Ressourcen und schaffen eine gute Basis für weitere Zusammenarbeit.
Großes Innovationspotential durch überfachliche und externe Kooperationen
Die Zusammenarbeit mit Partnern außerhalb der eigenen Jugendverbands-Blase bringt neue Impulse und Erkenntnisse für die eigene Arbeit und hilft dabei, Herausforderungen ganzheitlicher anzugehen.
Ein Beispiel ist die Aktion „Fit for Firefighting“, initiiert vom Land Baden-Württemberg, dem Landesfeuerwehrverband und der Unfallkasse Baden-Württemberg (mehr Infos zur Aktion z. B. auf der Seite der Feuerwehr Backnang oder Schwieberdingen). Wenngleich die Initiatoren nicht aus den Jugendverbänden stammen, sind Konzepte wie dieses häufig unkompliziert auf die Jugendverbandsarbeit übertragbar.
So hat sich die Sportkreisjugend Tauberbischofsheim mit der Feuerwehr in Lauda-Königshofen ebenfalls an der Aktion beteiligt. Über einige Monate hinweg wurde wöchentlich unter der Fachkompetenz des Sportkreisjugend-Trainers ein Ausdauer- und Krafttraining inklusive Beratung für eine gesunde Lebensweise angeboten. Als persönliche Ziele für die Feuerwehrleute wurden die Teilnahme am lokalen Messelauf und die Ablegung des Sportabzeichens deklariert.
Dieses Projekt hat nicht nur die verbandsübergreifende Zusammenarbeit gestärkt, sondern auch die Attraktivität und Sichtbarkeit der Sportkreisjugend im Sozialraum gesteigert. Zugleich haben die Teilnehmenden von einer Verbesserung ihrer körperlichen Fitness profitiert, während durch begleitende Berichterstattung ein erhöhtes Bewusstsein für die Wichtigkeit von Sport und Bewegung zur Gesundheitsförderung geschaffen wurde.
Ein weiteres Beispiel ist das Mitternachtssports-Projekt in Weinheim. Hier kooperieren der Jugendgemeinderat in Weinheim, die Sportkreisjugend Mannheim sowie der Stadtjugendring Weinheim und weitere Partner wie Polizei und die Suchtberatung. Ihr Angebot „Sport um Mitternacht“ richtet sich an junge Menschen von 14 bis 21 Jahren. „Die Veranstaltung zielt darauf ab Jugendlichen den Spaß am Vereinssport näherzubringen und Sport als Vehikel zu nutzen, um mit unterschiedlichen Projektpartnern Jugendbeteiligung zu fördern und zur Gewaltprävention beizutragen“, erklärt der Geschäftsführer der Sportkreisjugend Mannheim Michael Holzwarth. Gleichzeitig stärken solche Formate die lokale Vernetzung und können neue Zielgruppen als Mitglieder erschließen.
Wenn es um öffentlichkeitswirksame Partnerschaften geht, sind Kommunen quasi unverzichtbar. Ob bei Stadtfesten, Ferienaktionen oder zielgruppenspezifische Kinderangeboten – Jugendorganisationen sollten frühzeitig in die Planung einbezogen werden. Wo das noch nicht geschieht, lohnt es sich proaktiv auf die Kommunen zuzugehen oder gemeinschaftlich über den örtlichen Jugendring eine Kooperationsanfrage zu stellen. Die Stadt- und Kreisjugendreferate sind gute Anlaufstellen für solche Anfragen.
Win-win: Zusammenarbeit Jugendverbandsarbeit und Schule
Auch die Zusammenarbeit zwischen Schule und Verein bietet viele Anknüpfungspunkte – zum Beispiel über das Schüler-Mentorenprogramm oder das Förderprogramm Kooperation Schule und Sportverein aus dem organisierten Sport. Gerade im Hinblick auf den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung werden die Träger der außerschulischen Jugendbildung noch wenig bis gar nicht mitgedacht und beteiligt.
Wenn Schüler*innen künftig mehr Zeit in der Schule verbringen, beeinflusst das auch die Angebote der Jugend(verbands-)arbeit. Umso wichtiger ist es, mit durchdachten Kooperationen die Stärken der Jugendverbandarbeit und Schulen zu vereinen. Jugend(verbands-)arbeit kann durch ihre Angebote mehr Farbe in den Schulalltag bringen, Persönlichkeitsentwicklung und soziales Lernen der Schüler*innen auf eine andere Art und Weise fördern und erlebt gleichzeitig mehr Anerkennung für ihre Fachkompetenzen, kommt in Kontakt mit einer breiten Zielgruppe und erhöht dabei noch die Präsenz und Akzeptanz im eigenen Sozialraum.
Zur Umsetzung des GaFöG-Betreuungsanspruchs hat der Landesjugendring ein anschauliches Plakat mit den wichtigsten Forderungen für die Umsetzung erstellt. Außerdem gibt es noch diverse hilfreiche Arbeitshilfen zum Thema Kooperationen mit Schulen (s. Literaturhinweise).
Verbündet euch!
Egal mit welchen Herausforderungen oder Themen ihr euch in eurer Organisation beschäftigt: Ihr seid nicht alleine. Sucht euch Verbündete, tauscht euch aus und geht die Themen gemeinsam durch. Erste Impulse können euch Förderprogramme bieten, die auf Kooperationsprojekte ausgelegt sind oder Netzwerke zu euren Vereins- oder Herzensthemen.
Wenn ihr Fragen habt oder Inspiration sucht, könnt ihr euch gerne an die genannten Jugendorganisationen wenden. Auch die Regionalstellen-Referent*innen von The Länd of Young Ehrenamt unterstützen euch bei der Suche nach passenden Kooperationspartnerschaften/-projekten oder geeigneten Netzwerken.
Literatur
- van Santen, Eric und Mike Seckinger. 2003. Kooperation: Mythos und Realität einer Praxis: eine empirische Studie zur interinstitutionellen Zusammenarbeit am Beispiel der Kinder- und Jugendhilfe. München: Verlag Deutsches Jugendinstitut.
Weitere Arbeitshilfen und Programme
zu Vereinskooperationen (anhand von Sportvereinen):
- https://www.alexander-otto-sportstiftung.de/fileadmin/stiftung/AOS_Bilder/AOS_Startseite/Vereinskooperation_AOS_Handbuch.pdf. Letzter Zugriff 28.04.2025
zu Schulkooperationen:
- Landesjugendring Baden-Württemberg 2010 (Hrsg.): Rezepte für gelingende Kooperationen. Online-URL: https://wiki.ljrbw.de/images/9/98/Dokumentation_Fachtag_Koop_Schule_101102.pdf. Letzter Zugriff: 28.04.2025
- Landesjugendring Baden-Württemberg 2004 (Hrsg.): Jugendarbeit trifft Schule. Online-URL: https://www.ljrbw.de/publikationen/schule-trifft-jugendarbeit-infos-ideen-und-hinweise-fuer-schulen. Letzter Zugriff: 28.04.2025
- Forderungen zum Ganztag: https://www.ljrbw.de/publikationen/plakat-das-ist-unser-ganztag
- DKJS 2025 (Hrsg.): Kooperation, Vernetzung und Öffnung von Schulen in den Sozialraum. Online-URL: https://www.dkjs.de/wp-content/uploads/2025/02/kooperation_vernetzung_oeffnung_von_schulen.pdf. Letzter Zugriff 28.04.2025
- https://km.baden-wuerttemberg.de/de/schule/infos-fuer-schuelerinnen-und-schueler/schuelermentorenprogramme
Förderprogramme für Kooperationsprojekte
- https://www.ljrbw.de/n-challenges. Letzter Zugriff 28.04.2025
- https://integrationsoffensive.de/. Letzter Zugriff 28.04.2025
- https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/foerderung/foerderkriterien-schwerpunkte-auswahlverfahren/. Letzter Zugriff 28.04.2025
- https://allianz-fuer-beteiligung.de/foerderprogramme/foerderbaukasten/. Letzter Zugriff 28.04.2025
Netzwerke:
- N!-Charta Sport-Konvoi für Sportvereine: https://www.nachhaltigkeitsstrategie.de/gesellschaft/vereine-und-organisationen/n-charta-sport. Letzter Zugriff 28.04.2025
- Qualifizierungsnetzwerk Nordbaden: https://www.sjr-heidelberg.de/angebote/seminare#. Letzter Zugriff 28.04.2025
- Netzwerk Junges Engagement: https://ljrbw.de/eine-welt-promotorin. Letzter Zugriff 28.04.2025